Samstag, 12. Dezember 2009

Kein Festspiel, kein gemütliches Zusammensein


ZITAT VON JOSEPH KARDINAL RATZINGER


„Die Liturgie ist kein Festspiel, kein gemütliches Zusammensein. Es ist vollkommen unwichtig, ob es dem Priester gelingt, seine eindrucksvollen Ideen oder phantasievollen Nachtgedanken zu verwirklichen. Die Liturgie bedeutet, den dreimal heiligen Gott unter uns zu vergegenwärtigen, sie ist der brennende Dornbusch und die Verbindung Gottes mit dem Menschen in Jesus Christus, dem Toten und dem Auferstandenen. Die Größe der Liturgie besteht nicht darin, eine interessante Unterhaltung zu bieten, sondern darin, daß uns der Völlig-Andere berührt, den wir nicht herbeiholen könnten. Er kommt, weil Er will. Mit anderen Worten, das Wesentliche der Liturgie ist das Geheimnis, das im gemeinsamen Ritus der Kirche begangen wird; alles andere ist Nebensache. Die Menschen spüren dies im Innern und fühlen sich betrogen, wenn das Mysterium in Unterhaltung verwandelt wird, wenn der Hauptdarsteller in der Liturgie nicht mehr der lebendige Gott ist, sondern der Priester oder liturgische Animateur.

Viele Ausführungen vermitteln den Eindruck, daß nach dem Vatikanum II jetzt alles anders ist und das Frühere alles keine Gültigkeit mehr haben kann, oder, in den meisten Fällen, diese nur noch im Lichte des Vatikanum II hat. Das Zweite Vatikanische Konzil behandelt man nicht als Teil der lebendigen Tradition der Kirche, sondern direkt als Ende der Tradition und so, als fange man ganz bei Null an. Die Wahrheit ist, daß das Konzil selbst kein Dogma definiert hat und sich bewußt in einem niedrigeren Rang als reines Pastoralkonzil ausdrücken wollte; trotzdem interpretieren es viele, als wäre es fast das Superdogma, das allen anderen die Bedeutung nimmt.
Dieser Eindruck wird besonders durch Ereignisse des täglichen Lebens verstärkt. Was früher als das Heiligste galt - die überlieferte Form der Liturgie - scheint plötzlich als das Verbotenste und das Einzige, was man mit Sicherheit ablehnen muß. Man duldet keine Kritik an den Maßnahmen der nachkonziliaren Zeit; wo aber die alten Normen oder die großen Glaubenswahrheiten - zum Beispiel die leibliche Jungfräulichkeit Marias, die körperliche Auferstehung Jesu, die Unsterblichkeit der Seele etc. - im Spiel sind, da reagiert man entweder überhaupt nicht, oder nur in extrem abgeschwächter Form.“ (Joseph Kardinal Ratzinger, Ansprache in Chile, 1988)

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