Dienstag, 29. Dezember 2009

Die Konturen des Glaubens verschwinden


Über die neue Stadt Jerusalem sagt das Buch der Geheimen Offenbarung: "Die Mauer der Stadt hat zwölf Grundsteine, auf ihnen stehen die zwölf Namen der zwölf Apostel des Lammes" (21,14). Diesen großen endzeitlichen Zusammmenhang muß man vor Augen haben, um ganz zu verstehen, was das Zweite Vatikanum über das Bischofsamt ausführt: "... docet Sancta Synodus Episcopos ex divina institutione in locum Apostolorum successisse, tamquam Ecclesiae pastores, quos qui audit, Christum audit ..." (...lehrt die Heilige Synode, daß die Bischöfe aufgrund göttlicher Einsetzung an die Stelle der Apostel als Hirten der Kirche getreten sind. Wer sie hört, hört Christus...: Lumen Gentium 20).
Das Wesen des bischöflichen Amtes ist es demnach, daß die Bischöfe "an den Platz der Apostel getreten sind". Was dies heißt, wird dadurch erläutert, daß sie "Hirten der Kirche" genannt werden, dieser Ausdruck wiederum wird erklärt mit dem Hinweis auf das Wort Christi: Wer euch hört, hört mich... (Lk 10,16). Dies ist wichtig: Die "Pastoral", das Hirtenamt wird durch den Gedanken des Hörens erklärt. Hirt im Sinn Jesu Christi ist jemand dadurch, daß er den Menschen Christus zu Gehör bringt. Im Hintergrund wird der Johannes-Prolog vernehmbar, der Christus den Logos nennt, auch die altchristliche Vorstellung klingt an, daß der Hirt der Menschen eben der Logos ist, der uns, die orientierungslosen Schafe, zur Weide der Wahrheit führt und uns so Wasser des Lebens gibt. Hirte sein heißt demnach: dem Logos, dem erlösenden Wort, Stimme geben.

Diese Grundgedanken kehren, ins Praktische gewendet, wieder, wenn Lumen Gentium 25 beschreibt, was der Bischof praktisch zu tun hat, und dabei sagt: "Inter praecipua Episcoporum munera eminet praedicatio Evangelii" (Unter den hauptsächlichen Ämtern der Bischöfe hat die Verkündigung des Evangliums einen hervorragenden Platz), womit übrigens das Zweite Vatikanum eine vom Trienter Konzil geprägte Formel wiederholt (Sessio XXIV, De reform. IV, ed. Alberigo u.a., Bologna 1973, Seite 763). Der Bischof ist vor allem Evangelist, könnten wir das übersetzen: Gerade so ist er Nachfolger der Apostel.

Wenn wir als Bischöfe über diesen Satz eine Gewissenserforschung anstellen und uns fragen, ob unsere tatsächlichen Prioritäten diesem Maßbild entsprechen, so darf man gewiß positive Faktoren der nachkonziliaren Entwicklung herausstellen, die auf der Linie dieses Bischofsbildes liegen: Die Bischöfe predigen heute in der Tat im allgemeinen mehr, als dies früher der Fall war - manchmal vielleicht zu viel. Es ist sicher eine positive Entwicklung, daß die Bischöfe fast immer bei ihren Pontifikalhandlungen selbst predigen und so in der Verkündigung von Gottes Wort ihren Priestern vorangehen. Auf der gleichen Linie liegt auch ein verstärktes Bemühen vieler Bischöfe und Bischofskonferenzen, durch gründlich vorbereitete Hirtenschreiben zu den großen Fragen der Zeit Stellung zu nehmen und sie im Licht des Glaubens zu beantworten. Schon sehr viel weniger positiv sieht die Bilanz aus, wenn wir an die Entwicklung der Katechese in der Nachkonzilszeit denken. Man hat sie weitgehend den sogenannten Fachleuten überlassen. Das hat zu einem Überwuchern von Experimenten geführt, bei dem oft die eigentliche Sache ziemlich weit aus dem Blick geriet, und auch zu einem Durcheinander von Stimmen, in dem das eine Evangelium nur noch schwer zu erkennen ist. Noch schwieriger wird es, wenn wir an das Verhältnis des Bischofs zu den Theologen denken, die heute nicht mehr bloß im stillen Bereich akademischer Forschung und Lehre wirken, sondern ihr häufig sehr dissonantes Konzert in aller Öffentlichkeit mit den Instrumenten der Massenmedien aufführen, so daß ihre Stimme die des bischöflichen Predigers übertönt. Trotz aller unbestreitbaren bischöflichen Bemühungen um die Verkündigung des Wortes haben die Theologen in großen Teilen der Welt den Bischof als Lehrer abgelöst. Obwohl dabei auch viel Gutes zu Tage getreten ist, ist aufs Ganze gesehen das Ergebnis überwiegend Unsicherheit und Verwirrung: Die Konturen des Glaubens verschwinden hinter den Reflexionen, die ihn erklären sollen.
In diesem Zusammenhang muß ich eine nachkonziliare Entwicklung erwähnen, die unsere besondere Aufmerksamkeit verlangt. Wir hörten, daß das Zweite Vatikanum dem Verkündigungsauftrag des Bischofs Vorrang eingeräumt hat. Wenn man nun die theologische Literatur der Nachkonzilszeit zu dieser Frage konsultieren will, stellt man mit Erstaunen fest, daß diese Aussage praktisch unkommentiert geblieben ist. Statt dessen stößt man in der Literatur auf Erklärungen, die den Bischof ganz auf eine Art von geistlicher Verwaltung beschränken wollen.
So hat J. Colson eine Äquivalenz zwischen dem frühchristlichen Episkopos und dem Mebagger der Qumran-Gemeinde behauptet und dies am Modell des Jakobus und anderer christlicher Verantwortlicher zu verifizieren versucht. Sie seien nur "Überwacher" im Sinne von Qumran gewesen. Der Patrologe A. Hamman sagt in ähnlichem Sinn, nun von der griechischen Umwelt her: Die "Bischöfe" nannten sich Episkopen, das heißt Inspektoren gemäß dem Sprachgebrauch der damaligen Zivilverwaltung. Hans Küng stellt denselben etymologischen und genealogischen Zusammenhang fest und kommt von daher zu seiner Unterscheidung von Episkopen und Lehrern, zu seiner Abtrennung der Lehre aus der Funktion der Hirten. Alle diese Thesen sind nicht im gelehrten Bereich verblieben, sondern sind zu einer Art Pression auf den Bischof geworden: Seine Aufgabe sei es, Polarisierungen zu vermeiden, als Moderator im Pluralismus der Meinungen aufzutreten, aber nicht selbst inhaltlich "Partei" zu werden. Das ist immer dann richtig, wenn es um rein wissenschaftliche Differenzen geht. Es ist dann falsch, wenn der Glaube selbst auf dem Spiele steht, für den einzutreten in der Kirche keine "Parteilichkeit" ist.
Tatsächlich muß man zugeben, daß sich die Bischöfe diesem Ordnungsbild weitgehend gefügt und ihre Lehrvollmacht den Theologen gegenüber kaum in Anspruch genommen haben. Dieser Vorgang hat aber zugleich ihre Predigttätigkeit entwertet, weil das Wort der Predigt damit ins bloß "Pastorale" abgedrängt wird und nicht mit der Autorität der Entscheidung auftritt. Dann aber ist es gerade auch nicht pastoral, denn Pastoral besteht darin, den Menschen vor die Entscheidung zu stellen, ihn mit der Autorität der Wahrheit zu konfrontieren. Die Predigt steht unter dem Maß des Psalmwortes: 'Du hast mir die Wege des Lebens bekanntgemacht' (Ps 16,10), zu dem der deutsche Philosoph Robert Spaemann vor einiger Zeit sarkastisch geschrieben hat: "Der längere Aufenthalt in einer katholischen Buchhandlung ermutigt nicht, mit dem Psalmisten zu beten: 'Du hast mir die Wege des Lebens bekanntgemacht.' Man hat dort inzwischen gelernt, daß Jesus keineswegs Wasser in Wein verwandelt hat, dafür allerdings Einblicke in die Kunst gewonnen, Wein in Wasser zu verwandeln. Diese neue Magie trägt den Namen 'Aggiornamento'".
In der Gewissenserfoschung, um die wir uns bemühen, trifft jetzt die Frage: Warum haben wir Bischöfe uns weitgehend dieser Beschränkung unseres Amtes auf den Inspektor, den Moderator, den Mebagger gebeugt? Warum sind wir in diesem wesentlichen Punkt vom Neuen Testament zurück mach Qumran gegangen? Hier stoßen wir nun auf den Hintergrund unserer modernen Kultur, auf die Frage des rechten Verhältnisses zwischen dieser Kultur und dem Evangelium. Die moderne Kultur sagt uns zunächst, daß man zwischen Glaube und Theologie gar nicht deutlich unterscheiden könne, und wenn es schon möglich sein sollte, dann kann es jedenfalls nur der Spezialist, der Theologe, aber nicht der Hirte. Wie sollte er sich in diesem Dickicht zurechtfinden? Also kann der Hirte gar nicht feststellen, ob die theologische Reflexion vielleicht den Glauben selbst aufzulösen begonnen hat und aus ihrer dienenden Rolle herausgetreten ist.
Dies ist indes nur die erste Stufe des Problems. Die eigentliche Frage ist radikaler. Die moderne Welt unterscheidet zwei Lebensbereiche, denjenigen der Aktion und denjenigen der Reflexion. Im Bereich der Aktion braucht man so etwas wie Autorität, die funktional begründet ist und im Rahmen ihres Funktionszusammenhangs tätig wird. Im Bereich der Reflexion kann es Autorität nicht geben. Sie folgt allein dem Gesetz des Denkens. Dessen Wesen aber ist es, daß es Endgültigkeit nicht kennt, sondern nur die immer neu zu überprüfende und gegebenenfalls zu überholende Hypothese. Das aber bedeutet: Die Kirche kann funktionale Autorität im Bereich ihres Handelns ausüben. Denn Autorität begründet sich aus Funktionszusammenhängen, nicht anders. Sie kann nicht in den Gang des Denkens, in die wissenschaftliche Reflexion der Theologie eingreifen. Theologie ist nicht Sache der Autorität, sondern Sache der Professionalität. Diese Vorstellungen haben in der Welt von heute einen solchen Grad von Plausibilität erlangt, daß es den Bischöfen nahezu unmöglich ist, sich ihnen nicht zu beugen. Beugt man sich ihnen aber, so bedeutet dies, daß die Kirche zwar fromme Ratschläge geben, aber nicht die Wahrheit verbindlich aussagen und nicht den Menschen in die Entscheidung rufen kann.

Damit hängt ein Letztes zusammen: In der Wertskala der heutigen Welt haben die individuellen Freiheitsrechte und die ihnen zugerechneten Freiheitsrechte der Massenmedien höchsten Rang, während die objektiven sittlichen Werte, über die es ohnedies kein Einverständnis gibt, in die Sphäre des einzelnen verwiesen werden und daher keinen gemeinschaftlichen, öffentlichen Schutz verdienen. Es gibt, grob gesagt, ein Recht auf Amoralität, aber kein Recht der Moral. Gegenüber Einseitigkeiten früherer Epochen kann das auch seinen Vorteil haben, aber der Auftrag des Zeugnisses für die Wahrheit des Evangeliums führt damit in die Passion der Wahrheit hinein.

Das ist aber nun zugleich auch der positive Schluß, zu dem diese Überlegung führt: Maßstab für die Wahrheit ist, daß sie des Leidens wert ist. Der Evangelist muß im tiefsten Sinn des Wortes auch ein Martys sein. Wenn er das nicht will, darf er die Hand an den Pflug nicht legen. Selbstverständlich muß der Bischof, der Bote des Evangeliums, großzügig dem intellektuellen Disput Raum geben. Er muß lern- und korrekturbereit sein. Aber er muß auch wissen, daß der im Taufbekenntnis formulierte Glaube, den er von den Zeugen aller Jahrhunderte übernommen hat, ihn in Verantwortung ruft: Auch uns geht das Wort an, mit dem sich Paulus von den Presbytern in Ephesus verabschiedet hat: "Habt acht auf euch und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist zu Bischöfen bestellt hat, damit ihr als Hirten für die Kirche sorgt, die er sich durch das Blut seines Sohnes erworben hat... Seid also wachsam..." (Apostelgeschichte 20,28.31).
Kardinal Ratzinger hat diese Rede im März 1989 auf dem Treffen der amerikanischen Bischöfe mit der Kurie in italienischer Sprache gehalten hat. Sie wurde u.a. abgedruckt in der Zeitschrift "Umkehr" vom Februar 1993.

Dienstag, 22. Dezember 2009

Sein Kommen soll für uns nicht vergeblich sein!



"Brechen wir also auf, Brüder und Schwestern! Eilen wir herbei wie die Hirten in der Nacht zu Bethlehem. Gott ist uns entgegengekommen und hat uns sein Antlitz gezeigt, reich an Gnade und Erbarmen! Sein Kommen soll für uns nicht vergeblich sein! Suchen wir Jesus, lassen wir uns von seinem Licht anziehen, das die Traurigkeit und die Furcht aus dem Herzen des Menschen vertreibt; treten wir voll Vertrauen zu ihm hin, und fallen wir demütig vor ihm nieder, um ihn anzubeten. Frohe Weihnachten euch allen!" (Papst Benedikt XVI, Urbi et Orbi, Weihnachten 2008)

Weihnachten




"Laßt uns frohlocken, Geliebteste; denn heute ist uns der Heiland geboren! Darf doch dort keine Trauer aufkommen, wo das Leben selbst zur Welt kommt, das die Furcht vor dem Tode benimmt und uns durch die Verheißung ewigen Lebens mit Freude erfüllt. Niemand wird von der Teilnahme an dieser Jubelfeier ausgeschlossen, alle haben den gleichen Grund, in festlicher Stimmung zu sein; denn da unser Herr, der die Sünde und den Tod vernichtet, niemand findet, der ohne Schuld ist, so kommt er, um alle zu befreien. Es jauchze der Heilige, weil er sich der Siegespalme naht; es frohlocke der Sünder, weil ihm Verzeihung winkt, und neuer Mut belebe den Heiden, weil ihn das Leben ruft! Denn nachdem sich die Zeit erfüllt, welche die unerforschliche Tiefe des göttlichen Ratschlusses dazu bestimmte, nahm der Sohn Gottes die Natur des Menschengeschlechtes an, das wieder mit seinem Schöpfer versöhnt werden sollte, damit der Teufel, der den Tod in die Welt gebracht ,gerade durch die menschliche Natur, die er bezwungen hatte ,wieder bezwungen würde." (hl. Papst Leo der Große, Sermo XXI. 1. Predigt auf Weihnachten.)

Dienstag, 15. Dezember 2009

16.12.2009 Quatembermittwoch im Advent


Quatembermittwoch im Advent (Feria quarta Quattuor temporum)

Predigt des hl. Bernhard zum Evangelium:

„Im Auf und Ab der Ereignisse dieser Welt hast du den Eindruck, von Sturzwellen und Stürmen hin- und hergeworfen zu werden, statt auf der Erde zu wandeln; wende deine Augen nicht ab vom Licht dieses Sternes, wenn du nicht von den Wellen verschlungen werden willst … Schau auf den Stern, rufe Maria an … Wenn du ihr folgst, kommst du nicht vom Weg ab … wenn sie dich schützt, ängstigst du dich nicht, wenn sie dich führt, ermüdest du nicht, wenn sie dir geneigt ist, erreichst du das Ziel“ (Hl. Bernhard, Homilia super Missus est, II,17).

Montag, 14. Dezember 2009

Heilmittel gegen die Götzendienste von gestern und heute


"Den Gott Jesu Christi anzubeten, der sich aus Liebe zum gebrochenen Brot gemacht hat, ist das wirksamste und radikalste Heilmittel gegen die Götzendienste von gestern und heute. Das Niederknien vor der Eucharistie ist Bekenntnis der Freiheit: Wer sich vor Jesus niederkniet, kann und darf sich vor keiner noch so starken irdischen Macht niederwerfen. Wir Christen knien nur vor dem Allerheiligsten Sakrament, weil wir wissen und glauben, daß in ihm der einzige wahre Gott gegenwärtig ist, der die Welt geschaffen und so sehr geliebt hat, daß er seinen einzigen Sohn hingab (vgl. Joh 3,16). Wir beugen uns vor einem Gott, der sich zuerst zum Menschen herabgebeugt hat, als barmherziger Samariter, um ihm zu helfen und ihm das Leben wiederzugeben, und der vor uns niederkniete, um uns die schmutzigen Füße zu waschen. Den Leib Christi anzubeten, heißt glauben, daß in jenem Stück Brot wirklich Christus ist, der dem Leben wahren Sinn gibt – dem unendlichen Universum ebenso wie dem kleinsten Geschöpf, der ganzen Menschheitsgeschichte wie dem kürzesten Leben." (Papst Benedikt XVI., Predigt zu Fronleichnam 2008)

"Was die Seele im Leibe ist, das sind die Christen in der Welt."



Brief an Diognet

AUSZUG

Text aus: Frühchristliche Apologeten und Märtyrerakten Band I., Bibliothek der Kirchenväter, München 1913.



Charakteristik der Christen.

Denn die Christen sind weder durch Heimat noch durch Sprache und Sitten von den übrigen Menschen verschieden. Sie bewohnen nirgendwo eigene Städte, bedienen sich keiner abweichenden Sprache und führen auch kein absonderliches Leben. Keineswegs durch einen Einfall oder durch den Scharfsinn vorwitziger Menschen ist diese ihre Lehre aufgebracht worden und sie vertreten auch keine menschliche Schulweisheit wie andere. Sie bewohnen Städte von Griechen und Nichtgriechen, wie es einem jeden das Schicksal beschieden hat, und fügen sich der Landessitte in Kleidung, Nahrung und in der sonstigen Lebensart, legen aber dabei einen wunderbaren und anerkanntermassen überraschenden Wandel in ihrem bürgerlichen Leben an den Tag. Sie bewohnen jeder sein Vaterland, aber nur wie Beisassen; sie beteiligen sich an allem wie Bürger und lassen sich alles gefallen wie Fremde; jede Fremde ist ihnen Vaterland und jedes Vaterland eine Fremde. Sie heiraten wie alle andern und zeugen Kinder, setzen aber die geborenen nicht aus. Sie haben gemeinsamen Tisch, aber kein gemeinsames Lager. Sie sind im Fleische, leben aber nicht nach dem Fleische. Sie weilen auf Erden, aber ihr Wandel ist im Himmel. Sie gehorchen den bestehenden Gesetzen und überbieten in ihrem Lebenswandel die Gesetze. Sie lieben alle und werden von allen verfolgt. Man kennt sie nicht und verurteilt sie doch, man tötet sie und bringt sie dadurch zum Leben, Sie sind arm und machen viele reich; sie leiden Mangel an allem und haben doch auch wieder an allem Überfluss, Sie werden missachtet und in der Missachtung verherrlicht; sie werden geschmäht und doch als gerecht befunden. Sie werden gekränkt und segnen, werden verspottet und erweisen Ehre. Sie tun Gutes und werden wie Übeltäter gestraft; mit dem Tode bestraft, freuen sie sich, als würden sie zum Leben erweckt. Von den Juden werden sie angefeindet wie Fremde, und von den Griechen werden sie verfolgt; aber einen Grund für ihre Feindschaft vermögen die Hasser nicht anzugeben.


Was die Seele im Leibe ist, das sind die Christen in der Welt.

Um es kurz zu sagen, was im Leibe die Seele ist, das sind in der Welt die Christen. Wie die Seele über alle Glieder des Leibes, so sind die Christen über die Städte der Weit verbreitet. Die Seele wohnt zwar im Leibe, stammt aber nicht aus dem Leibe; so wohnen die Christen in der Welt, sind aber nicht von der Welt. Die unsichtbare Seele ist in den sichtbaren Leib eingeschlossen; so weiss man zwar von den Christen, dass sie in der Weit sind, aber ihre Religion bleibt unsichtbar. Das Fleisch hasst und bekämpft die Seele, die ihm kein. Leid antut, bloss weil es von ihr gehindert wird, seinen Lüsten zu frönen; ebenso hasst die Welt die Christen, die ihr nichts zuleide tun, nur weil sie sich ihren Lüsten widersetzen. Die Seele liebt das ihr feindselige Fleisch und die Glieder; so lieben auch die Christen ihre Hasser, Die Seele ist zwar vom Leibe umschlossen, hält aber den Leib zusammen; so werden auch die Christen von der Welt gleichsam in Gewahrsam gehalten, aber gerade sie halten die Welt zusammen Unsterblich wohnt die Seele im sterblichen Gezelte; so wohnen auch die Christen im Vergänglichen, erwarten aber die Unvergänglichkeit im Himmel. Schlecht bedient mit Speise und Trank, wird die Seele vollkommener; auch die Christen nehmen, wenn sie mit dem Tode bestraft werden, von Tag zu Tag mehr zu. In eine solche Stellung hat Gott sie versetzt, und sie haben nicht das Recht, dieselbe zu verlassen.

Samstag, 12. Dezember 2009

Kein Festspiel, kein gemütliches Zusammensein


ZITAT VON JOSEPH KARDINAL RATZINGER


„Die Liturgie ist kein Festspiel, kein gemütliches Zusammensein. Es ist vollkommen unwichtig, ob es dem Priester gelingt, seine eindrucksvollen Ideen oder phantasievollen Nachtgedanken zu verwirklichen. Die Liturgie bedeutet, den dreimal heiligen Gott unter uns zu vergegenwärtigen, sie ist der brennende Dornbusch und die Verbindung Gottes mit dem Menschen in Jesus Christus, dem Toten und dem Auferstandenen. Die Größe der Liturgie besteht nicht darin, eine interessante Unterhaltung zu bieten, sondern darin, daß uns der Völlig-Andere berührt, den wir nicht herbeiholen könnten. Er kommt, weil Er will. Mit anderen Worten, das Wesentliche der Liturgie ist das Geheimnis, das im gemeinsamen Ritus der Kirche begangen wird; alles andere ist Nebensache. Die Menschen spüren dies im Innern und fühlen sich betrogen, wenn das Mysterium in Unterhaltung verwandelt wird, wenn der Hauptdarsteller in der Liturgie nicht mehr der lebendige Gott ist, sondern der Priester oder liturgische Animateur.

Viele Ausführungen vermitteln den Eindruck, daß nach dem Vatikanum II jetzt alles anders ist und das Frühere alles keine Gültigkeit mehr haben kann, oder, in den meisten Fällen, diese nur noch im Lichte des Vatikanum II hat. Das Zweite Vatikanische Konzil behandelt man nicht als Teil der lebendigen Tradition der Kirche, sondern direkt als Ende der Tradition und so, als fange man ganz bei Null an. Die Wahrheit ist, daß das Konzil selbst kein Dogma definiert hat und sich bewußt in einem niedrigeren Rang als reines Pastoralkonzil ausdrücken wollte; trotzdem interpretieren es viele, als wäre es fast das Superdogma, das allen anderen die Bedeutung nimmt.
Dieser Eindruck wird besonders durch Ereignisse des täglichen Lebens verstärkt. Was früher als das Heiligste galt - die überlieferte Form der Liturgie - scheint plötzlich als das Verbotenste und das Einzige, was man mit Sicherheit ablehnen muß. Man duldet keine Kritik an den Maßnahmen der nachkonziliaren Zeit; wo aber die alten Normen oder die großen Glaubenswahrheiten - zum Beispiel die leibliche Jungfräulichkeit Marias, die körperliche Auferstehung Jesu, die Unsterblichkeit der Seele etc. - im Spiel sind, da reagiert man entweder überhaupt nicht, oder nur in extrem abgeschwächter Form.“ (Joseph Kardinal Ratzinger, Ansprache in Chile, 1988)

Der Relativismus


ZITATE VON JOSEPH KARDINAL RATZINGER


„So ist auch die Ablehnung des Gottesbezugs nicht Ausdruck einer Toleranz, welche die nicht theistischen Religionen sowie die Würde der Atheisten und der Agnostiker schützen will, sondern eher Ausdruck eines Bewusstseins, das Gott endgültig aus dem öffentlichen Leben der Menschheit auslöschen und in den subjektiven Bereich noch bestehender Kulturen der Vergangenheit verdrängt sehen möchte.
Der Relativismus, der den Ausgangspunkt für das alles darstellt, wird so ein Dogmatismus, der sich im Besitz der endgültigen Erkenntnis der Vernunft glaubt, sowie im Recht, alles andere nur als ein im Grunde überholtes Stadium der Menschheit zu betrachten, das auf passende Weise relativiert werden kann. In Wirklichkeit bedeutet das, dass wir Wurzeln brauchen, um zu überleben, und dass wir Gott nicht aus den Augen verlieren dürfen, wenn wir unsere menschliche Würde nicht verlieren wollen.“
(Joseph Kardinal Ratzinger, Vortrag in Subiaco bei Rom, 1. April 2005)




„Einen klaren Glauben nach dem Credo der Kirche zu haben, wird oft als Fundamentalismus abgestempelt, wohingegen der Relativismus, das sich »vom Windstoß irgendeiner Lehrmeinung Hin-und-hertreiben-lassen«, als die heutzutage einzige zeitgemäße Haltung erscheint. Es entsteht eine Diktatur des Relativismus, die nichts als endgültig anerkennt und als letztes Maß nur das eigene Ich und seine Gelüste gelten läßt.“
(Joseph Kardinal Ratzinger, Predigt, 18. April 2005)

Benedikt XVI. Glaube und Vernunft


Ohne das Licht des Glaubens, das in die Finsternis der Erbsünde eindringt, kann die Vernunft nicht vorankommen.
(EIN WICHTIGES ZITAT DES PAPSTES)


„Gibt es die Erbsünde wirklich? Gäbe es sie nicht, könnten wir ja mit Argumenten, die für jeden verständlich und unanfechtbar sind, an die klare Vernunft und an den bei allen vorhandenen guten Willen appellieren. So könnten wir gut vorankommen und die Menschheit reformieren. Aber dem ist nicht so: Der Verstand – auch unser Verstand – ist verdunkelt, das sehen wir jeden Tag. Denn der Egoismus, die Wurzel der Habgier, besteht darin, daß ich vor allem mich selbst und die Welt für mich haben will. Er ist in uns allen vorhanden. Das ist die Verdunkelung des Verstandes: Er kann hochgelehrt, mit den schönsten wissenschaftlichen Argumenten ausgestattet sein und ist dennoch durch falsche Vorgaben verdunkelt. So geht er mit hoher Intelligenz und großen Schritten auf dem falschen Weg weiter. Auch der Wille ist, wie die Kirchenväter sagen, gebeugt: Er ist nicht einfach bereit, das Gute zu tun, sondern sucht vor allem sich selbst oder das Wohl der eigenen Gruppe. Also tatsächlich den Weg der Vernunft, der wahren Vernunft zu finden, ist schon keine leichte Sache und entwickelt sich schwerlich in einem Dialog. Ohne das Licht des Glaubens, das in die Finsternis der Erbsünde eindringt, kann die Vernunft nicht vorankommen. Aber ausgerechnet der Glaube stößt dann auf den Widerstand unseres Willens. Dieser will den Weg nicht sehen, der auch ein Weg des Selbstverzichts und einer Korrektur des eigenen Willens zugunsten des anderen und nicht für sich selbst wäre.“ (Papst Benedikt XVI., Ansprache, 26. Februar 2009)

Die drei Bekehrungen und die drei Wege



Reginaldus Garrigou-Lagrange O.P. (1877-1964)


Seit Augustinus und Dionysius versucht man allgemein das geistliche Fortschreiten mit dem Schema der "drei Wege" zu erfassen. Diese immer wieder unverändert übernommene Einteilung ist fast schon alltäglich geworden. Sie enthüllt jedoch aufs neue ihren tiefen Wahrheitsgehalt, ihren Sinn, ihre Tragweite, ihre Wichtigkeit für das Leben, wenn man sie nach dem Beispiel des hl. Thomas einmal gemäß den Zeitabschnitten des körperlichen Lebens erklärt, und des weiteren - das wird nur zu oft vergessen - sie mit den verschiedenen Zuständen des inneren Lebens der Apostel vergleicht. Diese sind einst unmittelbar vom Herrn selbst gebildet worden. Ihr inneres Leben muß sich in uns wiederholen, so sagen die Heiligen. Sie sind vor allem Vorbilder für den Priester. Jeder Christ aber soll in gewissem Sinn Apostel sein und so reich in Christus leben, daß er den Heiland anderen weitergeben kann.

Dienstag, 1. Dezember 2009

Papst Benedikt XVI und die Liturgie




Über die Liturgie

Das Zweite Vatikanische Konzil hatte ohne Zweifel organisches Wachstum und Erneuerung im Auge. Wir müssen aber sehen, daß es heute weitgehend Tendenzen gibt, die nun einfach Montage und auch Demontage betreiben - und damit etwas tun, was mit dem Wesen der Liturgie unvereinbar ist. Man kann nicht einfach in professoralen Kommissionen erdenken, wie es pastoral besser ankommt; wie es praktischer ist und dergleichen Dinge mehr, sondern man muß mit dem großen Respekt vor dem, was die Fracht der Jahrhunderte in sich trägt, sehen, wo sinnvolle Ergänzungen oder Beschneidungen nötig und möglich sind.

Und das sollte wirklich eine große Mahnung an alle sein, die mit der Liturgie zu tun haben. Sie sollten in diesem Geist des Dienens an dem lebendig Gewachsenen, das uns den Glauben aller Jahrhunderte zubringt, ihren Dienst tun, und nicht als selbstmächtige Könner das Bessere erdenken und fabrizieren wollen.

Die Kritik an der derzeitigen Liturgie ist unüberhörbar geworden. Vielen ist sie nicht mehr heilig genug. Braucht man eine Reform der Reform, um sie wieder heiliger zu machen? Zumindest braucht man wieder ein neues liturgisches Bewußtsein, damit dieser macherische Geist verschwindet. Es ist ja auch soweit gekommen, daß sich Liturgiekreise für den Sonntag selber die Liturgie zurechtbasteln. Was hier geboten wird, ist sicher das Produkt von ein paar gescheiten, tüchtigen Leuten, die sich etwas ausgedacht haben. Aber damit begegne ich eben nicht mehr dem ganz Anderen, dem Heiligen, das sich mir schenkt, sondern der Tüchtigkeit von ein paar Leuten. Und ich merke, das ist es nicht, was ich suche. Das ist zu wenig, und ist etwas anderes. Das Wichtigste ist heute, daß wir wieder Respekt vor der Liturgie und ihrer Unmanipulierbarkeit haben. Daß wir sie wieder als das lebendig Gewachsene und Geschenkte erkennen lernen, in dem wir an der himmlischen Liturgie teilnehmen, Daß wir in ihr nicht die Selbstverwirklichung suchen, sondern die Gabe, die uns zukommt.

Das, glaube ich, ist das erste, daß dieses eigentümliche oder eigenmächtige Machen wieder verschwinden und der innere Sinn für das Heilige erwachen muß. In einem zweiten Schritt wird man dann sehen können, in welchem Bereich sozusagen zuviel weggestrichen wurde, so daß der Zusammenhang mit der ganzen Geschichte wieder deutlicher und lebendiger werden muß. Ich selber habe in diesem Sinn von der Reform der Reform gesprochen. Dies sollte meiner Meinung nach aber zunächst einmal vor allem ein erzieherischer Prozeß sein, der Einhalt gebietet gegenüber einem Zertrampeln der Liturgie mit Selbsterfundenem.

Wichtig für die rechte Bewußtseinsbildung in Sachen Liturgie ist auch, daß endlich die Ächtung der bis 1970 gültigen Form von Liturgie aufhören muß. Wer sich heute für den Fortbestand dieser Liturgie einsetzt oder an ihr teilnimmt, wird wie ein Aussätziger behandelt; hier endet jede Toleranz. Derlei hat es in der ganzen Geschichte nicht gegeben, man ächtet damit ja auch die ganze Vergangenheit der Kirche. Wie sollte man ihrer Gegenwart trauen, wenn es so ist? Ich verstehe, offen gestanden, auch nicht, warum viele meiner bischöflichen Mitbrüder sich weitgehend diesem Intoleranzgebot unterwerfen, das den nötigen inneren Versöhnungen in der Kirche ohne einsichtigen Grund entgegensteht. (Joseph Ratzinger, Gott und die Welt, S. 447 - 449)

Heiliger Johannes Climacus: "Mit der Seele im Himmel"



Einige Zitate:

„Den Geist soll man zwar allenthalben, aber ganz besonders dann vor Verwirrung und Unruhe bewahren, wenn wir beten, und den Lobgesängen Gottes obliegen; denn die Dämonen pflegen durch Verwirrung unser Gebet zu vernichten. Ein echter Diener Gottes ist der, welcher zwar mit dem Leibe den Menschen dient, mit der Seele aber vermittelst des Gebetes an den Himmel klopft, also mit der Seele im Himmel lebt.“ (hl. Johannes Climacus, Die Leiter zum Paradies)


„Die Trauer, die von Gott ist, ist ein Schmerz der Seele, die Darstellung der Empfindung des Schmerzens im Herzen, das sehr inbrünstig aufsuchend, wonach das Herz dürstet. Hat es dasselbe nicht, so strebt es ihm mit äußerster Anstrengung nach, und läßt Klagetöne und lautes Wehgeschrei ihm nach erschallen, wenn es entflieht.
Die Bußtrauer ist der goldene Stachel der Seele, losgerissen von aller Anhänglichkeit und Hinneigung irdischer Dinge, und von heiliger Traurigkeit eingeschlagen in die Wachsamkeit zur Rettung des Herzens.“ (hl. Johannes Climacus, Die Leiter zum Paradies)

300. Todestag von P. Abraham a Sancta Clara


Heute ist der 300. Todestag von P. Abraham a Sancta Clara.

Predigten von Abraham a Santa Clara
Das kleine Ehe-Barometer


Der Ehestand ist ein Baum, welchen Gott selbst pflanzte. Er grünet und blühet lieblich, daher so viele Menschen in seinen Schatten sich legen möchten. Nachher aber finden sie oft, daß der liebliche Baum ein wahrer Passionsbaum ist, welcher nur Kreuz und Leiden trägt. Ich bin der Meinung, die Eheleute müssen einen harten Kopf haben, weil sie oft schmerzlich gekämmt werden; gute Zähne, weil sie manche harte Nuß zu beißen bekommen; einen festen Rücken, weil sie schwere Bürden zu tagen haben; gute Lebern, weil so oft und so manches drüber kriecht; gute Füße, weil der Schuh sie sehr oft drückt. Des erste Erforderniß im Ehestand ist – Geduld.
Wer denn doch in diesen Stand sich begeben will, soll wenigst vorsichtig zu Werke gehen, damit ihn die getroffene Wahl nicht reue.
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Da sind Geld, Schönheit, Ansehen, Verwandtschaft, und hundert andere Dinge, welche man beabsichtigt; an Tugend, und andere gute Eigenschaften wird wenig gedacht. Daher könnt es auch, daß so viele ihre getroffene Wahl bereuen. Wie mancher Gatte wünscht wieder frey zu seyn? Wie manche Gattin flucht der Stunde, in welcher sie den Trauring erhielt? Dem Augenblick, in welchem sie das Jawort von sich gab?
Der Ehestand gleicht häufig dem Fische. Da sieht man viel Fröhlichkeit, und muntere Sprünge, im Hintergrunde aber findet sich Galle, ungeheuer viel Galle.
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Ihr Unzufriedenen in der Ehe habt euch eure Leiden selbst zugezogen, weil ihr so unbesonnen, so eilig, so vernunftlos in euerer Wahl waret.
Ein böses Weib ist für Ehemann eine große Plage. Es ist wahrlich besser unter Tygern und Löwen, unter Bären und Wölfen zu leben, als mit einem bösen Weibe. Ein böses Weib ist ein knarrender Wetterfahn, eine betäubende Klapperbüchse, ein gewichster Mantel, durch welchen das Wasser der Ermahnung nicht dringen kann, ein Blasbalg des Zorns, ein Ziehpflaster für den Geldbeutel, die Grabstätte des Frohsinns, der Inbegriff aller Bosheit, welche man mit Worten nicht genug beschreiben kann. Gebirgichte Gegenden geben den Donner in vielfachem Wiederhall zurück. Hierin gleicht ihnen ein böses Weib, obwohl sie kein Berg, sondern ein Thal, nämlich ein Jammerthal ist. Jedes rauhe Wort des Mannes, gibt sie mit zehn, und mehr Schimpfworten zurück. Die alten hatten bey den Trauungen oft seltsame Gebräuche, über deren Sinn und Bedeutung die Gelehrten verschiedner Meinung sind. In einem Lande war es Sitte, die Thüre, und die Thürschwelle, über welche die Braut eingeführt wurde, mit Oel und Fett zu beschmieren. Ich weiß die Bedeutung dieses Gebrauches nicht, doch glaube ich, daß man anzeigen wollte, die Frau soll still seyn, und ihre Zunge im Zaum halten; wie die Thürangeln, wenn sie mit Fett beschmiert werden, aufhören zu schreyen und zu knarrren.

Belehrend für böse Weiber ist folgende Fabel:
Ein Weib wurde von ihrem Manne so mißhandelt, daß sie in der Verzweiflung auf das Feld lief, in der Absicht, sich selbst das Leben zu nehmen. Hatte sie den Muth nicht, oder besann sie sich eines Bessern, kurz! es unterblieb. Trostlos setzt sie sich an den Fuß eines Strauchs, und weinte und klagte bitterlich. Da fieng der Strauch zu sprechen an. "Du hast Unrecht, sagte er, dich zu beklagen, da du selbst die Ursache deiner Leiden bist. Du erbitterst deinen Mann durch Eigensinn und Widerstand. Betrachte meinen Nachbar, die Eiche; und sieh, wie seine Blätter zerfezt, und seine Äste zersplittert sind. Die Starrsinnige bietet den Stürmen Trotz, und diese rächen sich dann, und verursachen diese Verwüstung. Ich bleibe unversehrt, denn ich biege und schmiege mich, wenn die Stürme toben. Folge meinem Beyspiel."
Ein zänkisches Weib, ist wie ein immer durchtriefendes Dach.
Der Gatte eines solchen Weibes ist ein bedaurenswerther Tropf; die Dienstbothen, die Kinder sind unter ihrer Zuchtruthe arme Tröpfe.
Wenn indessen von einer Seite ein zänkisches Weib die größte Plage ist, so liegt wohl manchmal und sehr oft der Fehler bey den Männern. Sie sind ärger, als der Satan. Wenn diese Menschen nur bedenken wollten, daß sie mit ihrem Toben , und zornig seyn, nichts nützen, wohl aber viel schaden.
Der Zornige gleicht dem Meere, welches, wenn es in Unruhe ist, wenn Stürme die Wellen empor thürmen, allen Unrath auswirft. Eben so der Zornige. Wenn eine Kleinigkeit seine Galle rege macht; wenn etwa die Köchin eine Speise verdarb, die Kinder im Hause umher lärmen, oder die Gattin durch Widerspruch ihn erbittert, so bricht der Sturm los, die Wellen thürmen sich und der Unrath, das ist, Schimpfworte, und Flüche aller Art werden ausgeworfen. Welcher Schaden wurde schon durch Feuer und Wasser auf der Erde angerichtet? Und doch ist es eine Kleinigkeit gegen das Elend, welches durch den Zorn in die Welt kam; die Schandthaten und Ungerechtigkeiten, welche durch ihn verübt wurden; das Blut, welches durch in floß, Verdammter Zorn! Du bist ein Mörder des Gemüths, ein Zertrenner des Friedens, das Gift des Lebens, ein Kuppler des Todes, ein an menschlichem Blut sich labender Tyger, ein Räuber des Verstandes, eine wahre Schule der Narrheit, der Weg zum Verderben. Nicht nur die Seele also, auch die Gesundheit, der Körper wird dadurch zerstört. Welches Elend! Wenn die Galle in das Blut übergeht, und alle Säfte verdirbt. Geduld, ihr Ehemänner, ist für euch eine unentbehrliche Tugend. Wenn ihr in dem Ehestand anstatt des Bisamkrauts eine Brennessel pflükket, was hilft es euch zu schreyen: der Tod ist im Topfe? Das Übel ist einmal geschehen, und nur Geduld kann dasselbe heilen, oder doch verringern. Geduld ist auch den Weibern nothwendig. Sie können durch sie ihre Leiden sehr erleichtern, und ihre zornige und rohe Männer durch Sanftmuth bessern. Mancher rohe Ehemann wird auch vom Bösen gequält. Seine Stimme gleicht der eines Löwen, seine Zuge der einer Schlange, seine Augen denen eines Tygers, seine Hände den Tatzen eines Bären. Diesen bösen Geist kann die Gattin nur durch Geduld und Sanftmuth besänftigen.
Geduld also, ihr Weiber und ihr Männer! Geduld in den Stunden der Trübsal, und des Kummers! ‚Geduld, wenn ihr das Unglück habt, Herzenleid an eueren Kindern zu erleben!
Das Heiraten gleicht dem Fischen. Mancher fischt, und bekömmt einen stattlichen Haufen, eine gute Hausfrau, welche ihr Brod nicht ißt im Müßiggang. Ein Andrer fängt einen Karpfen, eine Reiche, mit welcher er einen Rogen zieht. Dieser fischt und fängt einen elenden Weißfisch, welcher voll Gräte ist; und jener gar eine giftige Schlange. Das Heirathen gleicht einem Glückstopf. Manche zieht, und erhält einen Kamm, welcher sie tüchtig zauset. Diese zieht einen Schwamm, einen Saufer welcher niemals trocken wird. Jene erhält Würfel, einen Spieler, welcher alles durchbringt und b und Kinder an den Bettelstab versetzt. Da rufen die armen Betrognen: Ach, hätte ich das gewußt!
Mancher läßt sich durch die Schönheit verblenden, ohne des Sprichworts sich zu erinnern: Schönheit vergeht, Tugend besteht. Wenn die Schönheit des Körpers wäre wie die Kleider der Israeliten in der Wüste, welche in 40 Jahren sich nicht abnutzten; allein manche hat jetzt goldne Haare, und bald maßt sie sich wie eine alte Bruthenne. Die Augen sind glänzend schwarz, aber bald werden sie triefend, und roth, wie die gewisser Tauben. Die Wangen sind voll, und lieblich, aber bald werden sie einfallen, wie ein leerer Dudelsack. Die Nase ist schön geformt, alabastern, aber bald wird sie ein alter Kalender, welcher immer nasses Wetter anzeigt. Der Mund glänzt wie Corallen, aber bald wir er einer gerupften Blaumeise gleichen. Der Wuchs ist schön, aber bald geht er in Trümmer, wie die alabasternen Büchsen der Magdalena. Tugend besteht, aber Schönheit vergeht. Ein bloß schönes Weib gleicht den Apothekerpillen, welche von aussen schön vergoldet sind. Ein schönes Weib ohne Tugend ist wie ein goldner Becher, in welchem saurer Landshuterwein ist; wie eine gefiernißte Tabaksbüchse. Da ruft der arme Betrogne! Ach hätte ich das gewußt!
Manche glaubt einen Engel zu bekommen, und erhält einen wilden Mann. Diese hat einen Saufer zum Mann, und ist ein geplagtes Geschöpf, denn es ist eine wahre Pein, immer mit einem solchen Menschen umgehen zu müssen. Wie vieles Unglück ist schon aus der Trunkenheit entstanden?
Wie mancher Säufer hat schon sich, und die Seinigen durch seine Trunkenheit an den Bettelstab gebracht?
Ein Bettler sprach einst einen Herrn, welcher zu Bette lag, um ein Almosen an. Dieser antwortete, daß er der starken Kopfschmerzen wegen nicht aufstehen könne, und gestand, daß er den Tag zuvor zu viel getrunken habe. Wenn das ist, so trinkt heute noch mehr, sagte der Bettler, und als der Herr ihm bemerkte, daß er dann morgen wieder Kopfschmerzen haben werde, erwiederte er, daß er die Ladung alle Tage verdoppeln müsse. Was wird aber am Ende aus mir werden? fragte der Herr. Ein Bettler, wie ich, sagte dieser lachend. Auch ich war einst wohlhabend, und der Hang zur Trunkenheit hat mich in diesen Zustand gesetzt.
Die Frau eines solchen Trunkenboldes klagt nun bitterlich: Auch hätte ich das gewußt! Du hättest es wissen können, arme Betrogne, allein du warst geblendet, wie Tobias, Du fragtest weder Gott noch deine Ältern, oder deine Freunde um Rath. Der Knabe ließ dir keine Ruhe, und du hast dein Unglück dir selbst zugezogen.

Willst du heirathen, so besinn dich fein
Sonst bekömmst du Essig statt des Wein!

Predigt von Papst Benedikt XVI. zum 1. Adventsonntag 2009


„Ist es vielleicht nicht wahr, dass es oft gerade die Geschäftigkeit ist, die von uns Besitz ergreift? Ist es vielleicht nicht so, dass man viel Zeit dem Vergnügen und den Zerstreuungen verschiedenster Art widmet? Bisweilen „überwältigen“ sie uns.“
Predigt von Papst Benedikt XVI.

Petersdom – I. Vesper am 1. Adventsonntag 2009

Liebe Brüder und Schwestern!
Mit dieser Feier der Vesper treten wir in die liturgische Zeit des Advents ein. In der Lesung aus dem Ersten Brief an die Thessalonicher, die wir soeben gehört haben, lädt uns der Apostel Paulus ein, „das Kommen Jesu Christi, unseres Herrn“ (5,23) vorzubereiten, indem wir uns durch die Gnade Gottes „ohne Tadel“ bewahren. Paulus benutzt gerade das Wort „Kommen“, auf Latein adventus, woher das Wort Advent stammt.
Denken wir kurz über die Bedeutung dieses Wortes nach, das mit „Gegenwart“, „Ankunft“, „Kommen“ übersetzt werden kann. In der Sprache der Welt der Antike handelte es sich um einen Fachbegriff, der benutzt wurde, um die Ankunft eines Beamten, den Besuch eines Königs oder des Kaisers in einer Provinz zu auszudrücken. Er konnte jedoch auch das Kommen der Gottheit bezeichnen, die aus ihrer Verborgenheit hervortritt, um sich machtvoll zu zeigen, oder als im Kult anwesend gefeiert wird. Die Christen verwandten das Wort „Advent“, um ihre Beziehung zu Jesus Christus zum Ausdruck zu bringen: Jesus ist der König, der diese arme, Erde genannte „Provinz“ betreten hat, um alle zu besuchen; am Fest seiner Ankunft lässt er alle teilhaben, die an ihn glauben, die an seine Gegenwart in der Versammlung des Gottesdienstes glauben. Mit dem Wort adventus wollte man im Wesentlichen sagen: Gott ist hier, er hat sich nicht aus der Welt zurückgezogen, er hat uns nicht allein gelassen. Auch wenn wir ihn nicht sehen und nicht berühren können, wie dies bei den sichtbaren Wirklichkeiten geschieht, ist er hier und kommt, um uns auf vielfältige Weisen zu besuchen.
Die Bedeutung des Wortes „Advent“ umfasst also auch jene der visitatio, was einfach und im eigentlichen Sinne „Besuch“ besagen will; in diesem Fall handelt es sich um einen Besuch Gottes: Er tritt in mein Leben ein und will sich an mich wenden. Alle machen wir in unserem alltäglichen Leben die Erfahrung, wenig Zeit für den Herrn und sogar wenig Zeit für uns selbst zu haben. Man endet dabei, vom „Tun“ aufgesogen zu werden. Ist es vielleicht nicht wahr, dass es oft gerade die Geschäftigkeit ist, die von uns Besitz ergreift, dass es die Gesellschaft ist, die mit ihren vielfältigen Interessen unsere Aufmerksamkeit in Beschlag nimmt? Ist es vielleicht nicht so, dass man viel Zeit dem Vergnügen und den Zerstreuungen verschiedenster Art widmet? Bisweilen „überwältigen“ sie uns.
Der Advent, diese starke liturgische Zeit, an deren Beginn wir stehen, lädt uns ein, in Stille einzuhalten, um eine Gegenwart zu begreifen. Er ist eine Einladung zum Verständnis, dass die einzelnen Ereignisse des Tages Winke darstellen, die Gott an uns richtet, Zeichen der Aufmerksamkeit, die er für einen jeden von uns hat. Wie oft lässt uns doch Gott etwas von seiner Liebe wahrnehmen! Es wäre eine schöne und heilbringende Aufgabe für unser Leben, sozusagen ein „inneres Tagebuch“ über diese Liebe zu führen! Der Advent lädt uns ein und regt uns an, den gegenwärtigen Herrn zu betrachten. Sollte uns nicht die Gewissheit seiner Gegenwart helfen, die Welt mit anderen Augen zu sehen? Sollte sie uns nicht helfen, unser ganzes Dasein als einen „Besuch“ zu sehen, als eine Art, in der er in jeder Lage zu uns kommen und uns nahestehen kann?
Ein weiteres grundlegendes Element des Advents ist die Erwartung, eine Erwartung die zugleich Zeit der Hoffnung ist. Der Advent drängt uns dazu, den Sinn der Zeit und der Geschichte als einen „kairós“ zu verstehen, als Augenblick, der unser Heil begünstigt. Jesus hat diese geheimnisvolle Wirklichkeit in vielen Gleichnissen erläutert: in der Erzählung von den Knechten, die eingeladen werden, die Rückkehr des Herrn zu erwarten; im Gleichnis von den Jungfrauen, die den Bräutigam erwarten; oder im Gleichnis von der Aussaat und der Ernte. In seinem Leben ist der Mensch in ständiger Erwartung: als Kind will er wachsen, als Erwachsener strebt er nach Selbstverwirklichung und Erfolg, im fortschreitenden Alter sehnt er sich nach seiner verdienten Ruhe. Es kommt aber die Zeit, in der er entdeckt, zu wenig gehofft zu haben, wenn ihm jenseits des Berufes oder der gesellschaftlichen Stellung nichts anderes zu erhoffen bleibt. Die Hoffnung zeichnet den Weg der Menschheit, für die Christen jedoch ist sie von einer Gewissheit beseelt: der Herr ist im Fluss unseres Lebens gegenwärtig, er begleitet uns und wird eines Tages auch unsere Tränen trocknen. Eines nicht fernen Tages wird alles seine Erfüllung im Reich Gottes finden, im Reich der Gerechtigkeit und des Friedens.
Doch es gibt sehr unterschiedliche Weisen des Wartens. Wenn die Zeit nicht von einer sinnerfüllten Gegenwart erfüllt ist, so läuft die Erwartung Gefahr, unerträglich zu werden; wenn man etwas erwartet, in diesem Augenblick aber nichts da ist, das heißt wenn die Gegenwart leer bleibt, so scheint ein jeder Augenblick, der vergeht, übertrieben lang zu sein, und die Erwartung verwandelt sich in eine zu schwere Last, da die Zukunft völlig ungewiss bleibt. Wenn hingegen die Zeit sinnerfüllt ist und wir in jedem Moment etwas Besonderes und Echtes wahrnehmen, so wird die Gegenwart durch die Freude der Erwartung kostbarer. Liebe Brüder und Schwestern, lasst uns intensiv die Gegenwart leben, in der bereits die Gaben des Herrn zu uns gelangen, lasst uns im Entwurf auf die Zukunft leben, auf eine Zukunft voller Hoffnung. Der christliche Advent wird auf diese Weise zu einer Gelegenheit, um in uns den wahren Sinn der Erwartung zu wecken, indem wir in das Herz unseres Glaubens heimkehren, das im Geheimnis Christi liegt, des über lange Jahrhunderte hinweg erwarteten und in Armut in Bethlehem geborenen Messias. Durch sein Kommen unter uns hat er uns das Geschenk seiner Liebe und seines Heils gebracht und fährt fort, dies zu tun. Er ist unter uns gegenwärtig und spricht so in vielfältigen Weisen zu uns: in der Heiligen Schrift, im Kirchenjahr, in den Heiligen, in den Ereignissen des alltäglichen Lebens, in der ganzen Schöpfung, die ihr Antlitz je nach dem ändert, ob er hinter ihr steht oder ob sie von den Nebeln ungewissen Ursprungs und ungewisser Zukunft überschattet wird. Unsererseits dürfen wir das Wort an ihn richten, bei ihm mit den Leiden vorstellig werden, die uns bedrücken, mit der Ungeduld und den Fragen, die uns aus dem Herzen emporquellen. Wenn er gegenwärtig ist, können wir auch dann hoffen, wenn die anderen uns keinerlei Unterstützung zusichern können, auch dann, wenn die Gegenwart mühselig wird.
Liebe Freunde, der Advent ist die Zeit der Gegenwart und der Erwartung des Ewigen. Gerade aus diesem Grund ist er in besonderer Weise die Zeit der Freude, einer verinnerlichten Freude, die kein Leid auslöschen kann. Die Freude ob der Tatsache, dass Gott Kind geworden ist. Diese unsichtbar in uns gegenwärtige Freude ermutigt uns, vertrauensvoll den Weg aufzunehmen. Vorbild und Stütze einer derartigen innigen Freude ist die Jungfrau Maria, durch die uns das Jesuskind geschenkt worden ist. Sie, die treue Jüngerin ihres Sohnes, erlange uns die Gnade, diese liturgische Zeit wachsam und eifrig in der Erwartung zu leben. Amen!