Samstag, 13. März 2010

Seeschlacht

Hl. Basilius d. Gr.: „Womit sollen wir den gegenwärtigen Zustand der Kirche vergleichen? Er ist wahrhaft einer Seeschlacht ähnlich ...“

"Womit sollen wir den gegenwärtigen Zustand der Kirche vergleichen? Er ist wahrhaft einer Seeschlacht ähnlich ... Sieh in diesem Bild, schrecklich, auf beiden Seiten die zum Auslaufen bereite Flotte, und dann, wie der Zorn sich zur Unerbittlichkeit steigert und die Zusammentreffenden kämpfen. Nimm an, wenn Du willst, daß die Flotte durch einen gewaltigen Sturm in Verwirrung gerät und dichte Finsternis aus den Wolken die ganze Sicht ständig verdunkelt, so daß keine Unterscheidung zwischen Freund und Feind mehr möglich ist, da die Zeichen in der Wirrnis unkenntlich werden ... Denk Dir dazu den wirren, ununterscheidbaren Lärm, der dort das ganze Meer beherrscht; er stammt vom Brausen der Winde, vom Zusammenstoß der Schiffe, vom Rauschen der Wogen und dem Geschrei der Kämpfenden, die verschiedenste Schreie bei den Geschehnissen ausstoßen, so daß weder die Stimme eines Kapitäns noch eines Steuermanns zu hören ist; vielmehr herrschen entsetzliche Unordnung und Verwirrung, da das Übermaß an Unglück durch die Verzweiflung am Leben sie hemmungslos macht zu jeder Verirrung. Füge hinzu noch die unbezwingliche Krankheit der Ehrsucht, die es dahin bringt, daß, auch wenn das Schiff schon in die Tiefe sinkt, die Besatzung den Kampf um den Vorrang nicht aufgibt...
Ist diese Unruhe der Kirchen nicht grausamer als das Gewoge des Meeres? In ihr ist jede Grenze, die von den Vätern gezogen wurde, in Bewegung geraten, jeder Grundstein, jede Sicherheit der Lehren ist erschüttert. Alles löst sich auf; was sich über morschem Fundament erhebt, wankt. Übereinanderfallend stoßen wir uns gegenseitig nieder ... Eine wahrhaft finstere und traurige Nacht liegt über den Kirchen, da die Lichter der Welt, die Gott gesetzt hat, die Seelen der Völker zu erleuchten, verbannt wurden. Das Übermaß der Streitsucht untereinander raubt jenen jegliche Besinnung, während schon die Furcht vor der allgemeinen Auflösung droht ... Das harte Geschrei derer, die im Widerspruch verfeindet sind, das unverständliche Gerede und unentwirrbare Geräusch, das durch ein unaufhörliches Geschwätz entsteht, erfüllt schon fast die ganze Kirche. Dieses Geschwätz hat die gerade Lehre des Glaubens in Übertreibungen und Auslassungen verkehrt ...
Zuverlässiger als jede Vereinigung durch einen Schwur ist für eine gemeinsame Haltung die Einigkeit im Irrtum. Jedermann ist Theologe und hat doch eine Seele, die von tausend Schandflecken gezeichnet ist; deshalb haben Neuerungssüchtige die beste Gelegenheit zum Aufruhr; deshalb teilen solche, die sich selbst erwählt haben und Herrschsüchtige die Ämter der Kirche untereinander auf, während sie die Leitung des Heiligen Geistes mißachten. Da die Satzungen des Evangeliums durch die Unruhe zerrüttet sind, herrscht ein unaussprechliches Gedränge nach den "oberen Plätzen"; jeder, der sich zeigen will, erzwingt sich den Zugang zum Amt. Infolge der Herrschsucht ist ein schreckliche Herrschaftslosigkeit über die Völker hereingebrochen, denn die Ermahnungen der Vorsteher blieben völlig ohne Wirkung und Erfolg, da jedermann im Nebel seiner Unwissenheit meint, es sei für ihn nicht mehr verpflichtend, auf jemand zu hören, als über andere zu herrschen ... Überall ist die Liebe erkaltet und die Einigkeit unter Brüdern verschwunden; nicht einmal der Name der Eintracht wird noch gekannt. . ."
(hl. Basilius der Große, Über den Heiligen Geist, zitiert von 1.) von Joseph Ratzinger zum 50 jährigen Priesterjubiläum von Kardinal Frings, „Die Situation der Kirche heute - Hoffnungen und Gefahren“. Der Vortrag ist abgedruckt in Kölner Beiträge Heft 1, Hg. vom Presseamt des Erzbistums Köln, 1971, S. 9 – 22; 2.) Papst Benedikt XVI. Weihnachtsansprache „Expergiscere homo“ an das Kardinalskollegium vom 22.XII.2005: »Das heisere Geschrei derer, die sich im Streit gegeneinander erheben, das unverständliche Geschwätz, die verworrenen Geräusche des pausenlosen Lärms, all das hat fast schon die ganze Kirche erfüllt und so durch Hinzufügungen oder Auslassungen die rechte Lehre der Kirche verfälscht …« (vgl. De Spiritu Sancto, XXX, 77; PG32, 213 A; SCh 17bis, S. 524).)

Joseph Cardinal Ratzinger: Kreuzwegmeditation 2005, 9. Station

„Herr, oft erscheint uns deine Kirche wie ein sinkendes Boot, das schon voll Wasser gelaufen und ganz und gar leck ist.“


„BETRACHTUNG
Was kann uns der dritte Fall Jesu unter dem Kreuz sagen? Wir haben an den Sturz des Menschen insgesamt gedacht, an den Abfall so vieler von Christus in einen gottlosen Säkularismus hinein. Müssen wir nicht auch daran denken, wie viel Christus in seiner Kirche selbst erleiden muß? Wie oft wird das heilige Sakrament seiner Gegenwart mißbraucht, in welche Leere und Bosheit des Herzens tritt er da oft hinein? Wie oft feiern wir nur uns selbst und nehmen ihn gar nicht wahr? Wie oft wird sein Wort verdreht und mißbraucht? Wie wenig Glaube ist in so vielen Theorien, wie viel leeres Gerede gibt es? Wie viel Schmutz gibt es in der Kirche und gerade auch unter denen, die im Priestertum ihm ganz zugehören sollten? Wie viel Hochmut und Selbstherrlichkeit? Wie wenig achten wir das Sakrament der Versöhnung, in dem er uns erwartet, um uns von unserem Fall aufzurichten? All das ist in seiner Passion gegenwärtig. Der Verrat der Jünger, der unwürdige Empfang seines Leibes und Blutes, muß doch der tiefste Schmerz des Erlösers sein, der ihn mitten ins Herz trifft. Wir können nur aus tiefster Seele zu ihm rufen: Kyrie, eleison - Herr, rette uns (vgl. Mt 8, 25).

GEBET
Herr, oft erscheint uns deine Kirche wie ein sinkendes Boot, das schon voll Wasser gelaufen und ganz und gar leck ist. Und auf deinem Ackerfeld sehen wir mehr Unkraut als Weizen. Das verschmutzte Gewand und Gesicht deiner Kirche erschüttert uns. Aber wir selber sind es doch, die sie verschmutzen. Wir selber verraten dich immer wieder nach allen großen Worten und Gebärden. Erbarme dich deiner Kirche: Auch mitten in ihr fällt Adam immer wieder. Wir ziehen dich mit unserem Fall zu Boden, und Satan lacht, weil er hofft, daß du von diesem Fall nicht wieder aufstehen kannst, daß du in den Fall deiner Kirche hineingezogen selber als Besiegter am Boden bleibst. Und doch wirst du aufstehen. Du bist aufgestanden – auferstanden und du kannst auch uns wieder aufrichten. Heile und heilige deine Kirche. Heile und heilige uns.“